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Bin ich eine gute Mutter? Die Frage, die nie ganz verschwindet! Meine neue Kolumne soll Fragen beantworten, die in den Köpfen unserer Community rumschwirren. Meist sind es Fragen, auf die es keine abschliessende Antwort gibt. Fragen, die weder richtig noch falsch beantwortet werden können. Nennen wir sie der Einfachheit halber «philosophische Fragen und Antworten». Denn sobald wir das Wort Philosophie nutzen, haben wir mehr Freiraum, über Antworten zu sinnieren und zu diskutieren.

Da es meine Kolumne ist, beginne ich mit meiner Meinung. Meinung heisst «MEIN»ung, weil das, was ich «MEIN» e, einfach «MEINS» ist. Nicht mehr und nicht weniger. Ich finde die Frage spannend, weil so viele Mütter der Verdacht quält, dass sie keine guten Mütter sind, aber gar nicht wissen, was das überhaupt bedeutet. Und das kann eigentlich niemand wissen, denn «eine gute Mutter» ist eine Erwartung, geprägt von der eigenen Erfahrung, den gesellschaftlichen Vorstellungen und dem, was in Hollywood kultiviert wird.

Eine gute Mutter ist...

Hm. Ich weiss ehrlich gesagt gar nicht, was ich schreiben soll. Und wenn ich es versuche, lösche ich es wieder – aus Angst, etwas Falsches zu sagen oder jemanden zu verletzen. Denn die Empfindung ist so unterschiedlich, dass ich nichts verallgemeinern kann. Aber ich kann versuchen zu beschreiben, was ich all meinen Müttern gegenüber empfinde, die ich in meinem Leben haben durfte, was ich von mir selbst als Mutter erwarte und was meine Kinder sagen. Zumindest die zwei, die schon reden können: 15 und 5 Jahre alt.

Meine leibliche Mutter hat mich empfangen, neun Monate in sich getragen und durch eine natürliche Geburt auf die Welt gebracht. Gestillt wurde ich einen Monat, mit sechs Monaten wurde ich in einer Pflegefamilie platziert, weil meine Mutter mit 22 nicht in der Lage war, die Verantwortung des Mutterseins zu tragen. Ab dann hat meine Pflegemutter sich um mich gekümmert. Meine Mutter hat mich dennoch besucht, so oft sie konnte. Sie ist nicht weggegangen. Ich wuchs behütet mit drei Brüdern auf dem Land auf, verbrachte viel Zeit auf dem Bauernhof meiner Pflegefamilie. Bis ich vier war, wurde ich von meiner Pflegemutter grossgezogen, während meine leibliche Mutter mich regelmässig sah – mal mehr, mal weniger. Finanziell haben beide Eltern dafür gesorgt, dass es mir an nichts fehlte. Als mein Vater, als ich vier war, seine Frau, meine Stiefmutter heiratete, zog ich von meiner Pflegefamilie zurück zu meinem Vater, dank einer "mütterlichen" Bezugsperson, die sich der Aufgabe zuhause gewidmet hat, was eine Voraussetzung für das Jugendamt war, um mich von der Pflegefamilie zurück nach Hause zu "platzieren".

Ich hatte drei Mütter mit unterschiedlichen Hintergründen, die alle eine wichtige Rolle spielten. Auch wenn meine leibliche Mutter in meinem Leben weniger Verantwortung trug, empfinde ich sie als unfassbar mutig. Das Wort «Mutter» enthält das Wort Mut. Sie war unglaublich mutig, mich mit 22 gegen alle Widerstände auf die Welt zu bringen und dann loszulassen, als sie wusste, dass sie mir nicht das geben konnte, was ich brauchte. Das macht sie in meinen Augen zu einer grossartigen Mutter. Und was ich auch aus meiner Geschichte ziehe ist, dass ich alle Mütter die ich hatte auch nur als gute Mutter empfinden konnte, weil ich dieses Dorf hatte, dass sich um mich gekümmert hat. Das Dorf macht jede Mutter zu einer besseren Mutter.

Als ich selbst Mutter wurde, wurde mir bewusst, wie hart es sein kann. So schön es ist, so herausfordernd ist es auch. Ich erkannte, dass ich kein Recht habe, meine Mutter zu verurteilen. Bevor ich Mutter war, war ich eine Tochter mit einer Geschichte, eine Frau mit einer Geschichte.

Mit 26 brachte ich mein erstes Kind zur Welt und merkte schnell, dass die Gesellschaft, das Umfeld, der Partner – alle bewerten, was du tust oder nicht tust. Muttersein ist ein Normkonstrukt, das sich ständig wandelt. Zu viel Mutter, zu wenig Mutter – die Interpretation ist endlos. Und dass ich, zumindest in meiner Empfindung, nur eine gute Mutter sein kann, wenn es mir gut geht. Es braucht ein gesundes Nervensystem!

"Die Frage ist für mich nicht, ob ich eine gute Mutter bin, sondern wie ich eine gute Mutter sein kann. Bekomme ich diesen Raum? Kann ich mir diesen Raum nehmen?" 

Man kann nicht unter allen Umständen und immer, ohne Pause eine gute Mutter sein. Ausserdem kommt es auch darauf an, wie die Geburt war, wie das Wochenbett und die Zeit darüber hinaus war.  In der traditionellen chinesischen Medizin (TCM) und im Ayurveda heisst es, dass die ersten 40 Tage nach der Geburt die nächsten 40 Jahre der Gesundheit beeinflussen. Wenn ich nicht gesund bin, kann ich meinen Erwartungen an eine gute Mutter nicht gerecht werden. Ob du eine gute Mutter sein kannst, liegt auch ganz fest an deinem psychischen und physischen Gesundheitszustand.

Hier kommt auch das Thema Selbstfürsorge ins Spiel. Natürlich immer gepaart mit Selbstaufgabe. A little bit of this und a little bit of that. Alles in seiner Balance. Ich glaube eine gute Mutter sein zu können ist ein "Sowohl als auch" und nicht ein "Entweder oder" Thema.

"Eine gute Mutter kennt den Tanz zwischen Selbstaufgabe und Selbstfürsorge."

Es gibt Menschen, die mich für eine schlechte Mutter halten, und andere, die mich für eine gute Mutter halten. Aber nur eine Meinung zählt: die meiner Kinder. Und sie lieben mich, so wie ich bin. Sie respektieren mich, ehren mich als ihre Mutter. Das ist alles, was zählt.

Am Ende habe ich nur einen Wunsch: Dass meine Kinder, wenn sie erwachsen sind, mich regelmässig anrufen, mit mir essen gehen, mich besuchen und mich nicht vergessen. Alles andere ist zweitrangig. Eine gute Mutter gibt ihren Kindern genau dieses Gefühl.

«Mutter» bist du sowieso. Niemand kann dir diesen Titel nehmen. Gut und schlecht sind relative Begriffe, geprägt von Erwartungen. Ich bin Mensch, Frau, Mutter, Partnerin, Freundin, Unternehmerin. Mal bin ich in einem besser, mal weniger gut. Ich lasse mich nicht von Etiketten und Wertungen beeinflussen.

"Gott ist mein einziger Richter – und meine Kinder."

Stimmen aus unserer Community:

"Alles und Niemand, dies zu definieren ist:
1. Schwierig da sehr individuell und je nach lebensphase und bedürfnisse anderst.
2. Erzeugt diese Definierung wieder unnötigen Druck auf die Mutterrrolle/ Rolle der Frau in der Gesellschaft, was für die einzelene Frau nur scheitern bedeutet, da Idalisierungen nicht erreicht werden können und imensen Druck bedeuten.
Und 3. Muss ich denn eine ‚gute‘ Mutter sein, damit es meinen Kinder gut geht? Hat es nicht mal geheissen, dass zur Erziehung eines Kindes ein Dorf benötigt wird? Und nun wird wieder alles auf diese gute Mutter reduziert….
Ich weiss meine Antwort ist da etwas provokativ, finde es aber höchste Zeit diese Verklärung der Mutterrolle auf zu heben um mehr nach dem Menschen hinter der Mutter zu sehen. Die Frau mit ihren Ecken und Kanten, mit ihrem guten und schlechten und jede ganz anderst und trotzdem jeden genau so perfekt wie sie ist. Und für alles andere gibt es ein Dorf, wo der andere über nehmen kann, was einer nicht gut kann…
Ich wünschte mir dieses Dorf… können wir dieses Dorf mal suchen, anstatt die gute Mutter?"

„Fühlend im Herzen und bereit sich weiterzuentwickeln, ihre Themen anzuschauen und zu heilen , damit sich die Kinder frei entfalten können.“

„Eine, die nicht nur alles fürs Kind gibt, sondern auch für sich selbst. Nur wer sich selber gut behandelt, kann dies auch weiter geben. Eine gute Mutter darf auch mal Fehler machen und das Kind seine eigenen Fehler machen lassen. Erst im Alter wird sich zeigen ob wir für unsere Kinder gut genug waren oder nicht.“

„Authentisch, ehrlich, reflektiert und verantwortungsbewusst im Umgang mit sich selber und mit den kindern.“
 

„Eine gute Mutter liebt ihre Kinder. Und sie liebt sich selber. Eine gute Mutter kümmert sich zusammen mit dem Vater (sofern er kein A…. ist….) und hoffentlich vielen weiteren tollen Menschen im Umfeld (das vielgenannte „Dorf“) liebevoll um die Kinder. Eine gute Mutter kümmert sich auch gut um sich selber. Eine gute Mutter ist eine unperfekte, ehrliche Person.“

„Ich selber bin der Überzeugung, dass jede Mutter ihr Bestes gibt, mehr geht nicht! Und ich bin überzeugt, dass man nie wissen kann ob das „gut“ ist. Ich könnte mit Worten wie authentisch sein und Ehrlichkeit argumentieren oder damit, dass es wichtig ist das vorzuleben, was man weitergeben will aber wir werden wohl erst in einigen Jahren erfahren ob das „gut“ war und den gewünschten Effekt hatte.“

Hat dich diese Kolumne berührt, getriggert oder inspiriert? Lass es mich in den Kommentaren wissen. Und erzähl mir: Was ist für dich eine gute Mutter?

FROM RACHA WITH LOVE

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