Noch vor wenigen Jahren kannte kaum jemand den Beruf der Doula. «Ist das so was, wie eine Hebamme?», hören Doulas noch heute, wenn sie von ihrem Beruf erzählen. Neu taucht aber auch immer wieder eine andere Frage auf: «Doulas? Ah, das ist doch ein neuer Trend aus den USA?». Nichts liegt weiter von der Wahrheit entfernt.
Doulas werden oft als Geburtsbegleiterinnen bezeichnet, aber im Grunde sind Doulas Fachpersonen rund um Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett, die werdende Mütter und Väter auf dem Weg in die Elternschaft begleiten. Was Doulas genau sind und wo ihr Wert in der Tiefe liegt, lässt sich am besten verstehen, wenn man einen kurzen Abstecher in die Geschichte der Geburt wagt.
Geburt: In Frauenhand
Schon immer haben Frauen nämlich unter Frauen geboren. Eine Schwangere wurde von ihren Schwestern, Tanten oder Müttern über die Vorgänge, die ihre Körper durchliefen, aufgeklärt. Nicht nur das: Sie wurden von ihnen entlastet, wenn beispielsweise die Schwangerschaftsübelkeit so stark war, dass die Schwangere ihre Arbeit nicht mehr verrichten konnte. Die Frauen sorgten sich umeinander: Sie bereiteten den Geburtsort vor und unterstützten die Gebärende während der Geburt. Der Tribe kümmerte sich um die Wöchnerin, entlastete sie mit den Geschwisterkindern und gewährleistete, dass der Ausfall der frischgebackenen Mutter in ihrem Sozialgefüge kompensiert wurde.
Die einzige fremde Person, die zur Geburt zugezogen wurde, war oft eine Hebamme, die Fachperson der physiologischen Geburt. Wichtig ist aber zu verstehen, dass die Geburtshilfe über längste Zeit vollkommen von der Medizin getrennt war. Erst als sich die männlichen Ärzte vor etwas mehr als 150 Jahren für die Geburtsmechanik zu interessieren begannen und mittellosen Frauen anboten, sie in Geburtseinrichtungen während der Geburt zu betreuen, begann die Medizinisierung der Geburt.
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Das Wegfallen des Tribes
Seit etwa hundert Jahren suchen Frauen für die Geburt mehrheitlich eine Klinik auf. Und erst seit dieser Zeit beginnt der medizinische Fokus immer mehr ins Zentrum von Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett zu rücken. Zeitgleich hat sich das Leben massiv verändert und immer mehr privatisiert. So fehlt in der heutigen Zeit der Tribe, der sich um werdende Eltern kümmert. Es ist eine Lücke entstanden, da sich kaum mehr jemand um die emotionalen, mentalen, psychologischen und spirituellen Prozesse schert, durch die werdende Eltern gehen. Der Tribe fehlt. Und genau hier kommt die Doula ins Spiel.
Dass sich immer mehr Frauen zur Doula ausbilden lassen wollen, ist nicht das Nachjagen eines Trendes aus den USA, sondern die logische Konsequenz der heutigen Zeit. Es ist eine logische Konsequenz, dass sich Frauen nach einer tiefgreifenden Begleitung sehnen, dass sie sich selbstbestimmtere Geburten wünschen und instinktiv wissen, dass es nicht normal ist, im Wochenbett isoliert zu sein.
Und gleichzeitig ist es für genau die Frauen, die bereits selbst Kinder geboren haben, schwer, eine solche Weiterbildung zu absolvieren. Besonders Mütter fehlt es nämlich an den Ressourcen Zeit und Geld.
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Eine neue Art der Doula-Ausbildung
Dieses Jahr gibt es deshalb eine neue Doula-Ausbildung, die sich Vereinbarkeit ganz gross auf die Fahne geschrieben hat. Mit WOMB EXPANSION lancieren die Doulas Hannah, Denise und Nadja eine hybride Ausbildung, die sich an alle deutschsprachigen Frauen richtet, die Doula werden wollen. Das Ausbildungskonzept ist aber auch auf anderen Ebenen einzigartig: WOMB EXPANSION möchte gezielt moderne Frauen ansprechen, die eine Brücke zwischen medizinischem System und natürlicher Geburt schlagen wollen und verfolgen einen undogmatischen Ansatz.
Das bedeutet, dass sich die Doulas dafür einsetzen, dass jegliche Art der Geburt ihre Berechtigung hat, aber auch, dass eine Doula nicht zwangsläufig selbst geboren haben muss – denn dieser Regelung liegt die Vorstellung zugrunde, dass eine Doula sich nur in eine Gebärende hineinversetzen kann, wenn sie selbst geboren hat. Die Ausbildnerinnen von WOMB EXPANSION sind aber der Meinung, dass jedes Geburtserlebnis einzigartig ist. Eine Doula, die selbst vaginal geboren hat, wird sich beispielsweise auch kaum vorstellen können, wie es ist, einen Kaiserschnitt zu haben, den sie aber vielleicht dennoch begleitet. Zudem geht es im Kern der Doula-Arbeit nicht um das reine Beiwohnen der Geburten – sondern um das Raumhalten in der gesamten vulnerablen Phase des Elternwerdens.
Die drei Doulas sind sich sicher, dass eine neue Zeit in der Geschichte der Geburt begonnen hat. Eine Zeit, in der man das Beste zweier Welten haben kann: Das medizinische System für Situationen, in der Schwangerschaft und Geburt pathologisch werden. Die ganzheitliche und mütterzentrierte Geburtshilfe, in der Frauen während des Übergangs in die Mutterschaft begleitet, gehalten und als Individuum gesehen und geachtet werden.
Foto von Olivia Anne Snyder auf Unsplash
Hörst Du den Ruf, Frauen durch die Schwangerschaft, Geburt und das Wochenbett begleiten, nähren und stärken zu wollen?
Während einer Schwangerschaft wächst der Bauch und eigentlich wäre es von der Natur so gedacht, dass auch die Unterstützung durchs soziale Umfeld in dieser besonderen Zeit wächst. Doch immer mehr Frauen gehen isoliert, verängstigt und uninformiert durch diese vulnerable Zeit, in der es eben auch eine Ausdehnung der Weiblichkeit im Körper und im Aussen bräuchte.
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