Friederike Geray, Diplomierte Psychologin mit Zusatzqualifikation in Alterspsychologie, leitet am Zentrum für Gerontologie der Universität Zürich den Bereich Fort- und Weiterbildung.
MAMALICIOUS: Friederike, du hast bei einem Forschungsprojekt zum Thema „Lebensende mit Demenz“ mitgearbeitet und hast ein besonderes Anliegen. Um was geht es?
FRIEDERIKE: Letztes Jahr habe ich im Mamalicious-September-Magazin der Pro Senectute einen Artikel gelesen, in dem es ums «Stricken gegen das Vergessen» ging und wollte mich gerne zu diesem Thema äussern. Wie bei dieser Aktion, haben auch wir uns für einen guten Zweck zusammengeschlossen. Wir haben einen Runden Tisch ins Leben gerufen, der sich im Rahmen der Forschungsstudie ZULIDAD mit der Lebensqualität von Menschen mit Demenz am Lebensende befasst hat. An diesem waren über 50 Personen beteiligt – Angehörige von Menschen mit fortgeschrittener Demenz, Fachpersonen aus der Praxis und Forschende.
Die meisten haben ehrenamtlich mitgearbeitet. Resultat dieser Zusammenarbeit ist nun der neu erschienene Leitfaden „Lebensende mit Demenz“; ein Ratgeber für Angehörige von Menschen mit fortgeschrittener Demenz, damit diese ihre betroffenen Familienmitglieder gut begleiten und Entscheidungen in ihrem Sinn treffen können, ohne dass sie sich dabei selbst vergessen. Weil uns das ein sehr wichtiges Anliegen ist, würden wir uns freuen, wenn wir diesen Leitfaden auch über Euch bekannt machen könnten.
Ein Thema, das uns alle angeht!
MAMALICIOUS: Wie kam es denn dazu, dass du dich -zusammen mit der Universität Zürich- so genau mit dem Thema Demenz auseinandergesetzt hast?
FRIEDERIKE: Als Psychologin mit dem Schwerpunkt Alterswissenschaft habe ich mich schon länger mit Veränderungsprozessen im Lebenslauf beschäftigt. Es interessiert mich, wie sich Menschen im Alter verändern; und weil es immer mehr ältere Menschen gibt, gibt es auch immer mehr Menschen mit Demenz. Es ist ein Thema, das uns alle angeht und darum entsprechende Beachtung verdient.
MAMALICIOUS: Kannst du uns noch etwas über den Leitfaden erzählen?
FRIEDERIKE: Ja, gerne. Der Leitfaden ist eine Sammelbox mit zehn thematischen Heften zu Themen wie Lebensqualität, Kommunikation, Essen und Trinken, Gesundheit, Spiritualität und auch Sterben. In jedem Heft werden Fragen beantwortet, die Angehörige unserer Erfahrung nach beschäftigen. So zum Beispiel die Frage: „Meine Mutter isst und trinkt zu wenig. Was kann ich tun?“ Zu all diesen Fragen berichten die am Projekt beteiligten Angehörigen von ihren Erfahrungen und Erlebnissen. Die Fachpersonen schildern ihre Praxis und steuern ihr Fachwissen bei und die Forschenden bringen die neusten Ergebnisse und Entwicklungen ein. Es ist also ein umfassendes Nachschlagewerk, das hier bestellt werden kann.
Genügend Zeit für Vorlieben, Gespräche und schöne Begegnungen sollte man sich immer nehmen!
MAMALICIOUS: Gibt es etwas, dass du unseren Lesern gerne noch ans Herz legen möchtest? Etwas, das jede(r) von uns im Alltag beachten könnte, um unseren Mitmenschen zu helfen?
FRIEDERIKE: In der heutigen hektischen Zeit kommen wichtige Gespräche und Begegnungen häufig viel zu kurz. Gesunde wie kranke Menschen wollen geliebt und verstanden werden. Deshalb ist es wichtig, sich für das Gegenüber genug Zeit zu nehmen, gut und genau zuzuhören und in Ruhe und wohlwollend miteinander zu sprechen. Wohlbefinden kann durch gute Gespräche, aber auch durch sinnliche Erfahrungen und durch bewegende Erlebnisse entstehen. Wir sollten uns auch genug Zeit nehmen, um unsere Vorlieben zu pflegen. Schöne Musik hören oder selbst musizieren und tanzen, macht glücklich und kann sehr hilfreich sein. Angenehme Gerüche, ein genussvolles Essen und liebevolle Begegnungen verbessern die Lebensqualität. Das gilt auch für Menschen, die von Demenz betroffen sind.
Unsere Erfahrung am Runden Tisch war jedenfalls, dass es ganz vielen Angehörigen in dieser Situation gleich ergeht. Sie erlebten Ähnliches, machten sich die gleichen Sorgen und standen vergleichbare Ängste aus. Wenn man die eigenen Gedanken und Gefühle mit jemandem teilen kann, werden sie erträglicher und vieles normalisiert sich. Darüber zu sprechen und Gleichgesinnten zu begegnen, braucht aber auch Vertrauen und Mut. Beides wollen wir mit unserem Leitfaden stärken und fördern.
Liebe Friederike, vielen Dank für das Gespräch!
Einsamkeit ist schwer!
Sowohl die mentale als auch die physische. Vor allem dann, wenn jetzt der Frühling kommt und überall glückliche Familien, Blumen und fröhlich spielende Kinder um uns herum zu sehen sind.
Deshalb folgender Vorschlag von uns: Ladet mal wieder ein Paar Menschen zu euch ein! Kocht euch was Feines und macht es euch gemütlich. Unterhaltet euch, teilt, seid füreinander da.
Denn nur wenige reden (gerne) über das eigene Schicksal. Sie zeigen sich nach aussen hin stark, fürchten sich aber insgeheim alleine (mit ihren Kindern) zu sein.
Deshalb: Setzt euch mal wieder gemeinsam hin, macht euch einen Tee und schlemmt ein Stück Kuchen, kocht zusammen das Abendessen und zelebriert ein Glas Wein, oder geniesst einfach die Sonne auf einer Decke sitzend im Gras. Feiert zusammen das Leben!
Bist du (noch) alleine? Dann los! Finde gleichgesinnte und bilde eine Gruppe. Denn das grösste, tägliche Geschenk ist, füreinander da zu sein und zu teilen. Oder?
♡ In diesem Sinne wünscht das ganze MAMALICIOUS-TEAM euch:
Ein lichterfülltes Jahr 2019! ♡