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1800 Meter über dem Alltag entsandte uns die Rhätische Bahn am späten Freitagnachmittag vom Bahnhof Zuoz bergan in unsere Abenteuer aus Kunst, Vierstern-Hotellerie, Entdeckungen, Birchermüesli und Naturerlebnisse der schönsten Art. Das Eintauchen ins Engadin – rätoromanisch Engiadina, Garten des Inns – mit seinen mächtigen Dreitausendern und den naturbelassenen Lärchen- und Arvenwäldern zeigte uns einmal mehr, welch traumhafte Naturerlebnisse unsere schöne Schweiz zu bieten hat.

Hinan zur Festung im Lärchenwald

Schwer bepackt wagten wir den Aufstieg zu unserem verheissungsvollen Burghotel. Was der SSB-Online-Fahrplan nüchtern als 1362 Meter Fussweg vom Zuozer Bahnhof verzeichnete, erwies sich realistisch betrachtet als das Vor-Abverdienen unseres Abendmenüs steil die Serpentinen hoch zur Festung. Die farbenprächtige Auswahl an botanisch reichhaltiger Alpensommerflora an den Rändern der Strasse vermochte meine beiden Mädels Schritt für Schritt die kurvige Bergstrasse hinaufzulocken. Als das Hotel Castell seine Zinnen durch die dichte Tannenvegetation preisgab, waren die letzten Haarnadelkurven in der sommerlichen Hitze schon fast von alleine getan. 

Ankunft: erste Schritte im Tempel der Kunst

Mami, warum trägt das Pferd im Eingang Gummistiefel? Mami, was sind das für Kabel? Mami, warum hat es hier so viele komische Sachen? Die Auseinandersetzung mit Kunst begann, kaum hatten wir die steinernen Stufen zur Rezeption erklommen. „Ceci c’est l’art“ ging mir lakonisch durch den Kopf, Kunst-Frühförderung verschoben wir aber auf später. Die Kunstsammlung im Hotel Castell besteht aus einer beeindruckenden Werkliste von namhaften Kunstgrössen und ist ein Erlebnis für sich.

Idyll mit Weitblick

Wir wurden so freundlich empfangen, dass wir uns sofort aufgehoben fühlten, wenngleich unser Äusseres nach der 3-stündigen Reise in der brütenden Hitze schon etwas mitgenommen war. Wir bezogen unser grossräumiges, modern eingerichtetes Familienzimmer mit Dusche und Badezimmer. 

Die Aussicht: ATEMBERAUBEND. Der Inn im Tal, beidseitig gesäumt von hohen Bergen, geschmückt mit scheinbar zufällig angeordneten menschlichen Siedlungen; satte grüne Wiesen eingerahmt von dichten Tannenwäldern, die majestätisch und unbeirrt von der Hitze ihre Stellung wahren, stahlblauer Himmel ohne ein Wölkchen. Das tosende Rauschen des ins Tal stürzenden Bergbaches im Vordergrund, dahinter in Harmonie dazu komponiert das Läuten der Kuhglocken. Idylle pur.

Gastronomie vom Feinsten

Der hervorragende und überaus freundliche Service, der nicht nur mich und meine Freundin mit Leckereien versorgte, sondern auch die Kinder mit Malutensilien und Nachschöpfportion verwöhnte ging der kulinarischen Symphonie voraus. Viersterne-Küche, die durch frische Zutaten besticht und sich durch interessante Kombinationen auszeichnet, aber ganz auf unnötigen Schnickschnack verzichtet. Ein paar Highlights aus zwei Abenden Verwöhnkulinarik: Randen-Apfel-Tatar mit Haselnüssen und gehobeltem Bergkäse gefolgt von einer wunderbaren Gazpacho, als Hauptgang Tagliata vom Rind auf einem Bett von Rucola, getrockneten Datteltomaten und gehobeltem Parmesan. Als Abschluss wurde ein warmer Schoggi-Kuchen serviert, der selbst hartgesottene Diät-Fans in die Knie gezwungen hätte.

Der Berg ruft: ab in die Natur

Samstag. Mit einem 2.5-jährigen Zwerg und einem 6-jährigen Stadtkind waren wir etwas vorsichtig in unserer Wanderplanung. Senda Celesta, eine ca. einstündige Rundwanderung mit Wasserfall und «Himmelsleiter» wollten wir ins Aktivitätenprogramm aufnehmen. Nach der Verköstigung am vielfältigen Frühstücksbuffet – die Waffeln, die zur adhoc-Anfertigung bereit standen hatten es übrigens nicht nur den Kindern, sondern auch mir angetan – stand der Hotelshuttle bereits bereit. Nach einem Zwischenstopp für unseren Picknick-Einkauf im Dorf, ging es weiter zum Parkplatz nahe der Senda Celesta. Den kurzen Aufstieg schafften wir mit Links, doch leider fanden wir den Weg aufgrund von Wetterschäden gesperrt. Schade, aber «äch nüüt schlimmers». Dank dem Top-Service des Hotels wurden wir an gleicher Stelle wieder abgeholt und dafür nach Prasüras gefahren.

Prasüras oder wo Kinder, Gotti und Mami zur Ruhe finden

Schon bei Ankunft auf dem Parkplatz in Prasüras war der erste Dämpfer vergessen. Wow, da gab es einen wildromantischen Spielplatz mit einer grossen Holzkugelbahn, die sich den Hügel hinunterschlängelte. Da waren ein Balancierposten, eine Seilwinde und ein kleines Häuschen eingebettet in die warme Ruhe der Nadelbäume. Unweigerlich kam mir das momentane Lieblingslied meiner Älteren in den Sinn: „Im Wald, im schöne grüene Wald,det hät’s es Plätzli wo mir gfallt.Ich ligge det im weiche Moos und luege, stuune bloss.“

Daneben wie für uns geschaffen, eine Feuerstelle der Schweizer Familie mit Feuerholz und Quellwasserbrunnen. Wenige Schritte weiter eine kleine Gastwirtschaft mit Hasengehege und einem kleinen Sandkasten. Was will man mehr. Hier liessen wir uns nieder, um der mittäglichen Hitze zu entkommen. Meine Freundin und ich reüssierten nach kurzen Anlaufschwierigkeiten auch in der Zustandebringung eines Feuers, um unsere Salsiccia Ticinese ebenso wie das obligate Schlangenbrot kross und knusprig zu braten.

Auf geht’s: ab zum Schweizerischen Nationalpark

Nach einem „Mittagspfüsi“ unter den schützenden Föhren und ausgiebiger Begutachtung der Hasenfamilie bestiegen wir das gelbe Expresszügli Parc Naziunel, das uns nach Varusch an den Anfang des Schweizerischen Nationalparks brachte, von wo aus wir zurück zum Ausgangspunkt marschieren wollten. Die Fahrt war ein Erlebnis, das die Kinder besonders genossen. 

Für rund 11 Franken – unser letztes Bargeld, wir Helden – brachte uns der urchige Bündner Chauffeur die malerische Strecke entlang des tosenden Flusses hoch zum Ausgangspunkt unserer Wanderung. Auch hier wollten wir den Weg durch den Wald nehmen, um der brütend heissen Sonne etwas zu entkommen, doch auch diesmal hatten die Unwetter der letzten Wochen ihren Tribut gefordert und der Waldweg musste gesperrt werden. Schade, aber nun denn. Mit Gesang, Motivationszältli, die das «Birchermüesli» in den Beinen reaktivieren sollte und einem Zvieri auf einem schattigen Bänkli schafften wir es gemütlich zurück zum Parkplatz von Prasüras. Hier wurden wir vom Shuttle wieder abgeholt und erschöpft und glücklich am späten Nachmittag zurück in unser Castell gebracht.

Kunst erlebbar gemacht: spielend erleben 

Sonntag. Das Hotel Castell ist mit dem Label „Family Friendly“ ausgezeichnet und verfügt daher über einige Annehmlichkeiten. Neben dem hauseigenen Kinderclub, der täglich tolle Aktivitäten auf dem Programm hat wie Blüemlipflücken, Pizzabacken und Klettern, gibt es jeden Abend beaufsichtigtes Kinderkino im Kinosaal. In der Gartenanlage des prächtigen Hotelkomplexes steht eine riesige Wiese für Fussball o.Ä. zur Verfügung. (Im Winter wird diese als grosses Eisfeld genutzt, was sicherlich ein spektakulärer Anblick sein dürfte). 

Zudem gehört ein Spielplatz zur Hotelanlage, dessen Kletter- und Spielhäuschen ebenfalls einen künstlerischen Touch haben. Das überaus sympathische Wirtepaar Irene und Martin Müller betont, dass das Haus sehr familien- und kinderfreundlich ist, das Castell aber trotzdem kein Kinderhotel sei. Wir sehen das ähnlich. Man fühlt sich mit Kindern sehr wohl, dennoch ist die gehobene Umgebung nicht vornehmlich auf Kinder ausgerichtet.

Meine Mädels fühlten sich auf jeden Fall wohl und gingen inspiriert ihrem Piratenspiel nach, bevor wir über eine Holzkonstruktion das „Felsenbad“ des japanischen Künstlers Tadashi Kawamata erreichten. 

Ich musste innehalten: Die Schönheit dieses Ortes hat mich erfasst und in seinen Bann gezogen; ein Kraftort der schönsten Sorte. Das frische Wasser liess die Kühle durch die Füsse in unsere Körper strömen. Begleitet vom Tosen des Baches und einer Aussicht, die einem den Atem verschlug, sorgten die Kinder für die Rettung der umherschwirrenden Junikäfer. Wir Erwachsenen genossen ganz einfach dieses versteckte Paradies in den Bergen. 

A revair, Du bildschönes Zuoz

Nach einem herzlichen Abschied durch die Gastgeberin Irene Müller machten wir uns schweren Herzens auf in Richtung Heimweg. Vorher aber wollten wir uns das pittoreske Zuozer Dorfzentrum nicht entgehen lassen. Im Dorf, das wunderschön in der Mittagssonne ruhend dalag, gönnten wir uns ein letztes „Päuschen“ im Café Klarer. Die grosse Portion Pommes verzehrte meine Grosse mit Wonne, während die Kleine selig im Wägeli schlief. Uns Grossen lag das üppige Morgenbüffet noch im Magen, daher beschränkten wir uns auf kühlende Getränke.

Mit dem Schällenursli und roten Geranien in voller Blüte dazu die liebevoll gepflegten geschichtsträchtigen Häuser; so genossen wir unsere letzte Stunde in Zuoz. 

Danke, Du schönes Engadin, dass wir Dich besuchen durften. A revair und auf ein ander Mal.

Weitere Infos rund ums Engadin und Tipps zu Ferien in der Schweiz mit Kind und Kegel:

www.engadin.stmoritz.ch/sommer/de/

www.MySwitzerland.com/family

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