Wutausbrüche meines Kindes – Hintergründe und Bewältigungsstrategien
Wutausbrüche von Kindern können Erwachsene teilweise ganz schön aus dem Gleichgewicht bringen. Aber Wut ist an sich nichts Schlimmes und muss nicht unbedingt vermieden werden. Sie ist eine lebendige Kraft, die uns zu positiven Veränderungen und Handlungen anregen kann: Sie hilft uns, Dinge in Angriff zu nehmen, unsere eigenen Grenzen zu erkennen und für uns einzustehen. Jedoch muss der Umgang mit Wut jedes Kind erst einmal lernen. In diesem Artikel gehe ich folgenden Fragen nach: Welche Faktoren spielen eine Rolle, damit ein Kind wütend wird? Ist die Wut primär gegen die Eltern gerichtet? Welche Möglichkeiten habe ich auf einen Wutanfall zu reagieren? Und was sollten Eltern sowie ErzieherInnen möglichst vermeiden?
Kinder können aus verschiedenen Gründen wütend werden. Die Ursachen für Wut können sowohl intern (emotionale oder körperliche Zustände) als auch extern (Umgebungsfaktoren oder soziale Interaktionen) sein. Hier sind einige der häufigsten Gründe, warum ein Kind wütend wird:
- Gefühle und Bedürfnisse des Kindes werden nicht oder wenig beachtet.
- Frustration: Wenn ein Kind etwas nicht schafft oder bekommt, was es will.
- Überforderung: Zu viele Anforderungen oder Erwartungen können ein Kind überfordern.
- Hunger oder Müdigkeit: Ein hungriges oder müdes Kind hat weniger Geduld.
- Unverarbeitete Emotionen: Kinder haben oft Schwierigkeiten, ihre Emotionen zu verstehen und zu verarbeiten.
- Konflikte mit anderen: Streitigkeiten oder Missverständnisse mit Geschwistern, Freunden oder Erwachsenen.
- Ungerechtigkeit: Wenn ein Kind das Gefühl hat, unfair behandelt zu werden.
- Grenzen und Regeln: Strenge Regeln oder das Setzen von Grenzen können Widerstand und Wut hervorrufen.
- Veränderungen: Veränderungen in der Routine oder Umgebung, wie ein Umzug oder eine neue Schule, können stressig und frustrierend sein.
- Selbstständigkeit: Kinder, besonders im Vorschulalter, entwickeln ein starkes Bedürfnis nach Unabhängigkeit und können wütend werden, wenn sie sich eingeschränkt fühlen. Dasselbe kann auch später in der Pubertät passieren.
- Sprachliche Fähigkeiten: Jüngere Kinder haben oft Schwierigkeiten, ihre Bedürfnisse und Gefühle verbal auszudrücken.
- Modellverhalten: Kinder lernen durch Nachahmung. Wenn sie sehen, dass Erwachsene oder ältere Geschwister wütend reagieren, können sie dieses Verhalten übernehmen.
- Aufmerksamkeit: Manchmal wird Wut als Methode eingesetzt, um Aufmerksamkeit zu bekommen, besonders wenn andere Mittel nicht erfolgreich sind.
- Stress in der Familie: Spannungen oder Konflikte in der Familie können auf das Kind übergreifen und Wut auslösen.
Die Gründe für Wut bei Kindern sind zahlreich. Es ist wichtig für uns zu erkennen, dass hinter der Wut oftmals ein unerfülltes Bedürfnis Dahinter steckt. Durch das Verständnis dieser Ursachen und die Anwendung geeigneter Strategien können Eltern und Erzieher Kindern helfen, ihre Emotionen besser zu bewältigen. Hier gebe ich ein paar hilfreiche Strategien – probiert sie gerne aus:
Ruhige und sichere Umgebung
Bei einem Wutanfall kann eine ruhige und sichere Umgebung sehr hilfreich sein. Wenn das Kind sich sicher und geborgen fühlt, kann es sich allmählich beruhigen. Ein Gespräch auf Augenhöhe hilft ihm zusätzlich sich angenommen und verstanden zu fühlen und seine Gefühle einzuordnen.
Vorbildfunktion
Eltern sollten gesunde Methoden zur Wutbewältigung vorleben, da Kinder durch Nachahmung lernen. Die Vorbildfunktion ist hierbei wieder von zentraler Bedeutung. Das Vorleben von positiven Eigenschaften ist in der Erziehung die beste und wirksamste Methode Kindern etwas beizubringen. Kinder ahmen uns nach – das sollten wir uns immer bewusst sein. Zudem sollten wir das Kind auch ermutigen andere Wege zu finden und zu gehen.
Eigene Gefühle kennen und benennen
Ein weiterer Ansatz ist, Kindern zu helfen, ihre eigenen Gefühle und Emotionen zu erkennen und zu benennen. Dies können wir fördern indem wir sie unterstützen diese präzise einzuordnen. Man sollte jedoch darauf achten, dem Kind keine Gefühle aufzudrücken. Es darf sich auch dem Gefühl, das gerade vorherrscht, stellen und den Umgang damit üben. Durch Übung lernen Kinder, ihre Gefühle gesund zu bewältigen.
Gefühle anderer Menschen ergründen
In einem weiteren Schritt können wir gemeinsam die Gefühle anderer ergründen. Warum verhält sich diese Person gerade so? Wir fördern die emotionale Intelligenz der Kinder, indem wir sie darauf sensibilisieren, dass unterschiedliche Menschen auch unterschiedliche Gefühle haben. Empathie kann und sollte gelernt werden.
Gewaltfreie Kommunikation
Auch die Sprache und die Art und Weise, wie wir mit unseren Kindern sprechen, hat einen großen Einfluss auf unser Miteinander. Die gewaltfreie Kommunikation nach Marshall Rosenberg zielt darauf ab, sich mit den eigenen Bedürfnissen und denen unserer Mitmenschen zu verbinden. Es hilft, wenn wir Gefühle sowie Bedürfnisse differenziert benennen und auch das Gute daran erkennen.
Keine Aufmerksamkeit bei Wut als Mittel
Je nach Situation kann ein Wutausbruch auch mal ignoriert werden. Vor allem dann, wenn dies vom Kind gezielt als Steuerelement eingesetzt wird. Ignorieren heisst in diesem Fall nicht, dass man das Kind nicht wahrnimmt. Es heisst, dass man in diesem Augenblick einfach mal wegschaut und anders reagiert als üblich. Das Kind bekommt so keine Aufmerksamkeit und die Verknüpfung, dass sie etwas erhalten, wenn es schreit, wird allmählich aufgelöst. Hier möchte ich jedoch darauf hinweisen, dass dies gezielt und nach genauer Beobachtung erfolgen soll.
Konkreter Plan
Einen konkreten Plan zu haben, kann im Moment der Wut enorm helfen. Diesen sollte man vorher zusammen mit dem Kind spielerisch aber detailliert aufschreiben – Punkt für Punkt. Wie man diesen bei einem Wutanfall tatsächlich befolgen könnte, kann man auch zusammen ergründen.
Tools
Es gibt zahlreiche Tools wie man auf angemessene Art und Weise seine Gefühle ausleben kann. Allenfalls helfen ein Boxsack, eine Knetkugel, am Boden stampfen oder mit dem Stift wahllos auf einen Zettel kritzeln. Hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt. Natürlich darf niemand zu Schaden kommen und das Mobiliar sollte bestenfalls nicht ins Visier genommen werden.
Was wir vermeiden sollten
Strafen führen zu Scham, was wiederum Wut und Aggressionen auslösen kann – ein Teufelskreis. Schimpfen und Drohen verletzen die Integrität des Kindes und fördern destruktives Verhalten. Ebenso sollten wir vermeiden, das Kind bei einem Wutanfall alleine zu lassen. Kinder brauchen Geborgenheit und Sicherheit, um mit ihren Gefühlen umgehen zu Lernen. Ein «Geh in dein Zimmer bis du dich wieder beruhigt hast» ist ein einfacher Weg für Eltern, erhöht jedoch den Stress des Kindes immens. Das Kind muss so ohne Co-Regulation auskommen und fühlt sich alleine gelassen.
Das Verstehen und Unterstützen von Kindern in ihrer emotionalen Entwicklung ist entscheidend, um ihnen zu helfen, gesunde Bewältigungsmechanismen zu entwickeln. Kleinere Kinder sind auf die Regulation der Erwachsenen angewiesen. Wut soll jedoch nicht aus dem Leben verbannt werden, sondern als Begleiter anerkannt werden. Mit Selbstfürsorge (wir können uns nur um ein Kind kümmern, wenn wir gut für uns selbst sorgen), Ermutigung des Kindes (an das Kind und dessen Fähigkeiten glauben) sowie einer Kommunikation auf Augenhöhe können wir gezielt und angemessen auf die Gefühle der Kinder eingehen. Es ist wichtig, dass Kinder lernen, ihre Wut auf gesunde Weise zu bewältigen. Wir können sie dabei wesentlich unterstützen. Aber auch hier gilt wieder: Wir Eltern dürfen Fehler machen! Sollte ich überreagieren, hilft es, mit dem Kind darüber zu reden. Was hat es in ihm ausgelöst? Aktives Zuhören ist hier das Schlüsselwort. Eine Entschuldigung und eine Umarmung verbinden mich wieder mit dem Kind und zeigen auch meine Verletzlichkeit. Wir sind nicht perfekt und das ist absolut ok! Diese Haltung fördert die Bindung zu meinem Kind – und Bindung ist die essentielle Grundlage in der Erziehung.
Mein Name ist Miriam Kirsten. Als Kinder- und Elterncoach sowie als Mutter eines 7-jährigen Sohnes und Bonusmutter von zwei Mädchen im Alter von 12 und 14 Jahren, bin ich fest in den Lehren der Individualpsychologie nach Alfred Adler (ehemaliger Arzt und Psychotherapeut) verankert. Diese Lehre betont die Förderung von Mut, Selbständigkeit sowie ein starkes Verantwortungs- und Gemeinschaftsgefühl. Meine Mission ist es, Eltern dabei zu unterstützen, ihre innere Stärke wiederzuentdecken. In einer schnelllebigen Welt tragen Eltern eine immense Verantwortung, oft verbunden mit beruflichen Verpflichtungen, persönlichen Herausforderungen, unvorhergesehenen Schicksalsschlägen und kontinuierlichen Veränderungen. Mein Ziel ist es, Eltern die Werkzeuge an die Hand zu geben, um wieder die Kontrolle über ihr Leben zu erlangen und ihre anspruchsvolle Rolle als Eltern mit Leichtigkeit zu meistern. Durch die Anwendung der Prinzipien der Individualpsychologie kann ich stolz auf überzeugende Erfolge verweisen. Darüber hinaus ermöglicht mir mein breites Netzwerk, auf die spezifischen Herausforderungen jedes Einzelnen einzugehen und maßgeschneiderte Unterstützung anzubieten. Meine Arbeit konzentriert sich dabei insbesondere auf die Stärkung des Individuums, die Förderung von Gerechtigkeit für die Schwächeren und den Glauben an das eigene Potenzial.
Falls du mehr zum Thema «Wutausbrüche» erfahren möchtest oder andere Erziehungsfragen hast, biete ich gerne Gespräche per Telefon, Zoom oder persönlich an: https://www.miriamkirsten.ch
Du kannst dich auch gerne unserer Elterngruppe «ElternvollTRÄFFer» anschliessen – ein Treffen für Eltern mit Erziehungsfragen – online oder offline in Zürich-City – hier findest du mehr Infos: https://www.miriamkirsten.ch/#events