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Text von mamahanna

Ein Blick durch meine Linse als Wochenbett-Doula, wo ich tatsächlich so etwas wie den «Wind des Wandels» beobachten kann – mitten in der Muttertät, wo sich Körper, Familiendynamiken, Werte und Wünsche verändern.

Traditionen gleichen Kunstwerken – sie werden geschaffen, geliebt, weitergegeben, manchmal verstauben sie, und manchmal werden sie zu Meisterwerken. Aber, und das ist entscheidend meiner Meinung nach, sind sie nicht in Stein gemeisselt. Auch in meiner Arbeit als Wochenbett-Doula sehe ich oft, wie die neugeborenen Eltern in einen «Raum» eintreten, der mit den Erwartungen vergangener Generationen beladen ist. Erwartungen, Werte, Bilder und Prägungen, die bislang als gegeben galten, werden in der Transformation vom Paar zu Eltern, von Frau zu Mutter plötzlich anders beleuchtet, in Frage gestellt oder als tatsächlich unpassend oder einfach unpraktisch empfunden.

In den ersten Tagen und Wochen nach einer Geburt sind die jungen Eltern nicht nur Zeuge der Entstehung eines neuen Lebens, sondern auch Schöpfer einer neuen Familie. Sie lernen sich gegenseitig kennen. Sie sind dabei, Eltern zu werden und sich als Familie neu zu finden. Es entfaltet sich wie eine neue Geschichte, eine Geschichte, die von der neuen Familie neu geschrieben wird. Es ist ein Shift, der erlaubt, Platz zu schaffen für eine neue Erzählung, die zur neuen Familie passt.

Und, uff… gerade gegen Ende des Jahres, in der Adventszeit, zu Weihnachten und Neujahr werden Familiengeschichten und -traditionen gelebt, die nun vielleicht nicht mehr passen würden, wären da nicht die Erwartungen. Familienfeste werden zu einem neuen Erlebnis, wenn Du nicht mehr «nur» als Tochter oder Sohn teilnimmst. Mit Baby im Arm und/oder Kleinkind an der Hand, mit Schulkind und Teenager – als Familie mit Familie verändert sich der Blick, die Perspektive, die Werte. Und darin kann eine schöpferische Kraft liegen, denn wenn Du genau «hinhörst» zeigt sich, was noch passt oder eben nicht.

Wer sagt denn, dass das Fest der Liebe unbedingt mit Tannenbaum, unzähligen Geschenken, einem exklusiven Fünfgang-Menü und dem Besuch der Mitternachtsmesse gefeiert werden muss? Wenn Dir eine schlichte Feier im Wald mehr zusagt – nur zu! Kleine Kinder haben noch keine fixe Vorstellung davon, wie das Weihnachtsfest sein muss. Ihr seid also vollkommen frei Familientraditionen zu entwickeln, die zu Euch passen. Wir in unserer kleinen Familie haben zum Beispiel sehr früh hinterfragt, wie nachhaltig denn dieser abgesägte Weihnachtsbaum im Wohnzimmer ist und was es für uns denn eher sein könnte. Die Tradition des Adventskalenders ist auch eine Überlegung wert. Wie könnten wir diese schöne Zeit des Wartens auf Weihnachten denn sonst noch verzaubern? Und sind wir ehrlich, es darf so leicht und mühelos sein wie nur möglich. 

Christmas Carolers

Ansprüche von mehreren Herkunftsfamilien kommen zusammen

Familiengeschichten können eine wunderschöne Verbindung zu den Wurzeln sein, aber sie sollten nicht erdrücken. Ganz oft benutze ich das Wort «mitfärben» – auch im Zusammenhang mit Familientraditionen. Den Pinsel der Neuinterpretation zu schwingen und die eigenen Farben in die Traditionen einzubringen, kann einerseits wirklich bereichernd sein, andererseits auch Raum für Gespräche öffnen. In transgenerationalen und mentalitätsbedingten Konflikten liegt oft ein Schatz vergrabener Weisheit. Sei Entdecker im eigenen Familienarchiv. Nicht nur auf die Konflikte zu schauen, sondern auch die Werte, die darin verborgen sind zu entdecken, kann sehr inspirierend sein. Vielleicht gibt es einen Weg, alte Weisheiten in eine moderne Sprache zu übersetzen oder neu zu interpretieren. Und der erste Schritt hier ist das Beobachten und Wahrnehmen, dann die Kommunikation dazu, sich auszutauschen in Eurer neuen, kleinen, eigenen Familie. Was stimmt für Euch, was möchtet Ihr beibehalten, was darf gehen?

Bei uns durfte zum Beispiel sehr früh schon mal abgleichen: die Figur des Samichlaus bzw. des Weihnachtsmannes. Die Ursprungsfamilie meines Mannes kommt aus dem hohen Norden und ich aus der Schweiz. Hier sind somit bereits diesen beiden Ländern Deutschland und Schweiz verschiedene Kulturen aufeinander gestossen. Christkind? Wichtel? Weihnachtsmann, Nikolaus, Samichlaus? Kleine grosse Fragen, die wir uns ganz neugierig selbst stellen dürfen und abgleichen, passt das überhaupt für uns?

Du darfst Dir Zeit lassen. Die Revolution der Traditionen ist keine Schnellstrasse, sondern ein malerischer Pfad. Geniesse jeden Pinselstrich beim Mitfärben, feiere jeden Schritt. Es ist okay, wenn die Leinwand nicht sofort perfekt ist. Die Schönheit liegt im Prozess des Erschaffens.

Bei uns kreieren wir jedes Jahr etwas mehr dazu. Ich sage dazu auch gerne, wir erfinden unsere eigene Familientradition peu-à-peu. Und die besteht aus einem Teil meiner Kindheit, einem Teil der Kindheit meines Mannes, einen Teil aber auch von meinen Grosseltern, was meine Eltern nicht übernommen hatten etc.. Inzwischen sind wir bei einer Art Jahresendfest angekommen, was viele einzelne kleine Aspekte beinhaltet. Das Feiern der Rauhnächte, das gemeinsame Räuchern, Rückzug und Selbstfürsorge, ein Festmahl für die Tiere im Wald, welches wir in einem Nachtspaziergänge verteilen und überbringen. Meditieren, Yoga, Besinnen und miteinander Essen. Sein. 

Mein Ziel war es, Dich vor allem neugierig auf Deine ganz eigenen Blicke, Werte und Traditionen zu machen und Dich zu ermutigen, mit Deiner Familie auszuprobieren, anzusprechen, einzutauchen, neu zu kreiern und mitzufärben.

Herzlich, Denise – mich gibt’s übrigens auch auf Instagram.

Weihrauch verbrennt auf einer Räucherkohle-Rauhnächte
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ELTERNSEIN

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